I'm Glad My Mom Died (Review)

February 28th 2023

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//TW: Essstörung

Das Buch von Jennette McCurdy war ja zumindest im englischsprachigen Raum in aller Munde. Es ist ein autobiografisches Werk von einer gerade einmal knapp 30 jährigen Frau, die vor den Augen aller erwachsen geworden ist, die die Zuschauer von ihren Sendungen auf Nick (so hieß das damals bei uns noch) mit ihrem Charakter Sam belustigt und erfreut hat.

Dass das Leben eines Kinderstars kein leichtes ist, wissen wir zwar längst (man denke nur mal an das Drama um Brittney Spears), aber viel über das Leben von Jennette kannte man eigentlich nicht. Ich zumindest wusste nichts über sie und war daher von dem Titel des Buchs ziemlich geschockt. Das war mit Sicherheit auch so gewollt, denn dt. "Ich bin froh, dass meine Mutter tot ist", das ist schon ein Happen.

Die Mutter als Figur ist in unserer Welt eine Heilige. Sie ist das Sanfte, das Liebende, das Weiche. Und eine Mutter zu kritisieren wird immer sehr kritisch betrachtet. Jennette kritisiert ihre Mutter eigentlich nicht. Sie erzählt den Lesern nur, in welch einer komplexen, chaotischen Welt sie aufwachsen musste, dass der Ruhm nicht ihr Traum war, sondern der ihrer Mutter und dass die Essstörung ein gut gehütetes Geheimnis war, dass die beiden miteinander teilten.

Jennette erzählt uns von ihrem Erwachsenwerden und als Leser:in beginnt man, zu reflektieren. Wir reflektieren mit ihr und ein paar Leser:innen werden sich wohl auch über die eigene Kindheit Gedanken gemacht haben. Einem Kind kommt das Umfeld, in dem man aufwächst, normal vor. Jennette lebte im Chaos, doch sie wusste nicht, dass dieses Chaos nicht normal war. Sie wuchs auf mit dem Wissen, dass ihre Mutter Krebs hatte und dass alle deswegen mit ihr Nachsicht üben mussten. Ein Kind sollte aber eine solche Last nicht tragen müssen. Sie war Mormonin und die Struktur, die sie davon hatte, in die Kirche gehen zu können, wurde zerstört von dem Wunsch ihrer Mutter, den eigenen Traum des Ruhms auszuleben.

Sie wuchs vor den Augen aller auf und war doch nur ein Kind, das eigentlich Hilfe brauchte. Die Medien haben den Teil mit dem Erschaffer zerrissen. Ich bin auch der Meinung, dass damit nur der Erschaffer all dieser Kinderserien gemeint sein kann und ich bin der Meinung, dass sich der Sender für seinen Einfluss öffentlich entschuldigen müsste.

ABER: Es geht in diesem Buch um die dysfunktionale Beziehung einer Familie und darin zwischen Mutter und Tochter. Eine Mutter, die ihrem Kind keine Mutter war, und ein Kind, das kein Kind sein durfte. Ein Abhängigkeitsverhältnis, das am Ende beide kaputt gemacht hat.

Wie immer will ich nicht zu viel verraten. Wer das Buch lesen will, dem kann ich es nur empfehlen, aber es liest sich nicht immer leicht, auch wenn Jennette mit viel Humor und Sarkasmus dabei ist. Es bleibt ein Buch, das die Höhen, aber vor allem die Tiefen eines Lebens zeigen.

Am Ende des Buches musste ich mir sogar eingestehen, dass auch ich froh bin, dass ihre Mutter sie nicht mehr länger kontrollieren kann.

Mir wiegt das Herz so schwer
wie graue Wolken am Himmelszelt.
Und ich frag mich, wie’s wohl wär
in einer anderen, fremden Welt.

© Yana Schumacher